Predigt zum 4. Fastensonntag (Joh 3,14-21)

Fasten-Halbzeit

Wenn im Sport Halbzeit ist, dann hat man die Gelegenheit, noch einmal Kräfte zu sammeln und an der Taktik etwas zu verändern, sollte die erste Halbzeit nicht so gut gelaufen sein. Wir haben nun schon etwas mehr als die Hälfte der Fastenzeit geschafft. Es ist also Zeit, ein wenig innezuhalten, um uns in den verbleibenden Wochen wirklich gut und intensiv auf Ostern vorzubereiten.

Dabei kann uns die eben gehörte Stelle aus dem Johannesevangelium eine Hilfe sein. Es ist ein Ausschnitt aus dem nächtlichen Gespräch Jesu mit dem Pharisäer und Schriftgelehrten Nikodemus. Dieser war sich nicht sicher, was er von Jesus halten soll, also besuchte er ihn in der Nacht, um ihm einige Fragen zu stellen. Seine wichtigste Frage war: Bist du wirklich der Messias, der Christus, der Gesalbte, auf den wir schon so viele Jahrhunderte warten? Die Antworten, die Jesus gibt, gehören zu den Kernaussagen unseres Glaubens, und daher ist es immer wertvoll darüber nachzudenken.

Die erste Aussage lautet: „Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat.“

Das Motiv für das Handeln Gottes ist die Liebe. So fasste auch der heilige Franz von Sales das gesamte Erlösungswerk Gottes mit diesem einfachen Satz zusammen: „Die Liebe vollbrachte das alles“ (DASal 4,162). Oder etwas komplizierter: „Alles gehört der Liebe, alles liegt in der Liebe, alles ist für die Liebe, alles ist aus Liebe in der heiligen Kirche“ (DASal 3,36).

Also nicht Macht oder Rache oder Eifersucht stecken hinter dem Handeln Gottes, sondern schlicht und einfach Liebe: Liebe zu seiner Schöpfung, Liebe zu den Menschen. Gott will alles, was er erschaffen hat, zum ewigen Leben führen, also zur Vollendung. Deshalb hat Gott seinen Sohn in die Welt gesandt. Wer an ihn glaubt, ist gerettet, denn „Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird.“

Diese Aussage ist übrigens ein Wortspiel mit dem Namen Jesus. Jesus bedeutet nämlich genau das: „Gott rettet“. Daher heißt es später auch: „Wer nicht an den Namen des einzigen Sohnes glaubt, ist schon gerichtet,“ weil er sich eben von Gott, dem Retter, nicht retten lassen will.

Franz von Sales sagte daher in einer seiner Predigten: „Man muss große Ehrfurcht vor dem heiligen Namen unseres Herrn haben … Es ist der Name unserer Zuversicht“ (DASal 9,34).

Am Ende des Gespräches bittet Jesus Nikodemus das Licht der Wahrheit zu wählen, damit er nicht in der Finsternis bleibt, sondern – wie der Name Jesus zum Ausdruck bringt – eben gerettet wird.

Wie sich Nikodemus entschieden hat, wissen wir nicht genau, aber alles spricht dafür, dass er sich für Jesus, dem Gott, der rettet, entschieden hat. Etwas später im Johannesevangelium tritt er nämlich gegenüber anderen Pharisäern und Schriftgelehrten für Jesus ein – und nach der Kreuzigung ist er bei der Salbung des Leichnams Jesu dabei.

Wir haben Fasten-Halbzeit. Es sind noch drei Wochen bis Ostern. Wir waren heute zusammen mit Jesus im Gespräch … Wie ist nun unsere Entscheidung?

Glauben wir an die Liebe Gottes, die rettet? Wähle ich das Licht der Wahrheit? Wähle ich Jesus Christus und seine Botschaft, weil ich davon überzeugt bin, dass ich dadurch das ewige Leben gewinne? Darüber nachzudenken, sind wir heute eingeladen, um uns gut auf Ostern vorzubereiten. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS