Predigt zum 3. Adventsonntag (Joh 1,6-8.19-28)

Zeuge sein für das Licht

Im Laufe der Kirchengeschichte haben sich für die Christen drei wesentliche Aufgaben herauskristallisiert: Leiturgia – Diakonia – Martyria … zu Deutsch: Lobpreis – Nächstenliebe und Zeugnis.

Jede Christin und jeder Christ ist von Jesus Christus dazu berufen, so zu leben, dass in seinem Tun Gott gepriesen wird, dass die Liebe Gottes in dieser Welt allen Menschen spürbar wird, und dass sie oder er in seinem Denken, Reden und Tun für Jesus Christus, den Sohn des lebendigen Gottes, Zeugnis ablegt.

Im heutigen Evangelium steht genau dieses Zeugnisgeben im Mittelpunkt. Der Prototyp des Zeugen für Jesus Christus ist nämlich Johannes der Täufer:

„Es trat ein Mensch auf, der von Gott gesandt war; sein Name war Johannes. Er kam als Zeuge, um Zeugnis abzulegen für das Licht, damit alle durch ihn zum Glauben kommen. Er war nicht selbst das Licht, er sollte nur Zeugnis ablegen für das Licht.“

Wie geht das nun, Zeuge sein für das Licht, für Jesus Christus? Darüber wieder einmal konkret nachzudenken, ist eine sehr gute Idee für den Advent, die Vorbereitungszeit auf das kommende Weihnachtsfest.

Der Name „Johannes“ bedeutet auf Deutsch: „Gott ist gnädig“ … Wir können diesen Namen auch salesianisch, also mit den Worten des heiligen Franz von Sales deuten: „Gott ist Liebe“. Wenn ich durch mein Verhalten, durch mein Denken, Reden und Tun den Menschen, denen ich begegne, spürbar mache, dass Gott die Liebe ist, dann werde ich automatisch zur Zeugin, zum Zeugen für Gott und seine Botschaft für die Welt: Gottesliebe, Nächstenliebe, Selbstliebe … und als ganz besondere Herausforderung die Feindesliebe. Für dieses Zeugnis bedarf es keiner großen Worte oder Taten, es genügt eine innere Haltung, eine authentische, also unaufgesetzte Freundlichkeit und Herzlichkeit. Diese wird ausstrahlen und die Menschen, denen ich begegne, neugierig machen.

Der heilige Franz von Sales ritt einmal durch ein Dorf. Er sagte kein Wort, er predigte nicht, die Menschen, die ihn sahen, aber fragten: „Wer ist das?“ Als die Antwort kam: „Das ist der Bischof von Genf“ … meinten sie: Wenn alle Bischöfe so wären wie dieser, wären wir alle gute Christen.

„Ich will keine fantastische, mürrische, melancholische, verärgerte und kopfhängerische Frömmigkeit; wohl aber eine sanftmütige, freundliche, angenehme, friedliche – mit einem Wort eine ganz aufrichtige Frömmigkeit, die von Gott zuerst und dann von den Menschen geliebt wird.“ (DASal 6,43). Das ist das Zeugnis des heiligen Franz von Sales und so könnte auch mein Zeugnis für das Licht Jesu Christi in der Welt von heute aussehen: sanft, freundlich, angenehm, friedlich … für die Menschen um mich herum, in der Familie, am Arbeitsplatz, in der Straßenbahn – und wenn ich ein ganz besonders guter Zeuge sein will, dann eben auch für meine Feinde, für alle Menschen also, die mir unsympathisch sind, die mich nicht mögen, die mir Böses angetan haben.

Ein anderes Wort des heiligen Franz von Sales lautet: „Echte Liebe ist nie undankbar“ (DASal 4,78). Auch das hat mit dem Zeugnis für Jesus Christus zu tun: die Dankbarkeit. Spüren die Menschen um mich herum, dass ich dankbar bin dafür, Christ zu sein, Glauben zu dürfen, zu können, Mitglied der Kirche, der Pfarrgemeinde zu sein? Bin ich dankbar dafür, dass ich an einen Gott glauben darf, der mich so sehr liebt, dass er Mensch wurde, um ganz bei mir sein zu können?

Johannes der Täufer wurde gefragt: „Wer bist du?“ und er sagte nicht: „Ich bin der größte Profet aller Zeiten, hört mir zu und folgt mir!“ Er sagte vielmehr: „Ich bin es nicht, auf den ihr wartet. Ich bin nur die Stimme, die in der Wüste ruft: Ebnet den Weg für den Herrn. Mitten unter euch steht der, den ihr nicht kennt – für ihn lege ich Zeugnis ab“.

Genau das bedeutet es, als Christ Zeuge zu sein: Gott ist da, er ist mitten unter uns, mein Leben, meine Liebe, meine Gottesliebe, Nächstenliebe, Selbstliebe und auch meine Feindesliebe machen ihn für dich spürbar. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS