Predigt zum 2. Sonntag der Osterzeit (Joh 20,19-31)

Stärkung des Glaubens und Barmherzigkeit

Der zweite Sonntag der Osterzeit liefert uns im Blick auf das heutige Evangelium ein paar wesentliche und wichtige Impulse für unser Leben und unseren Glauben als Christen.

Welche Sätze aus dem heutigen Evangelium können wir uns da mit nach Hause nehmen?

Jesus öffnet verschlossene Türen … er ist unser Türöffner, der zu uns kommt, auch dann, wenn wir uns vor ihm verschließen.

Das Zweite: Jesus wünscht uns den Frieden. Ja, er sagt uns noch viel mehr zu: Er wünscht „Schalom“, das bedeutet Frieden, Leben in Vollendung.

Und Jesus sendet uns und haucht uns mit Heiligem Geist an. Wir sind also gesendet und mit Heiligem Geist erfüllt, um diese Sendung in der Welt vollbringen zu können.

Und worum geht es dabei ganz besonders? Es geht um Vergebung und Versöhnung. Es ist die Grundaufgabe christlichen Lebens, so wie wir es auch in jedem Vaterunser beten: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.“ Dazu sind wir gesendet, dazu sind wir mit Heiligem Geist begabt.

Der heilige Franz von Sales fragt sich in einer Predigt: „Der Heiland tritt ein, grüßt [seine Jünger] und zeigt ihnen seine Hände und seine Füße. Warum das?“ Und er antwortet: „Um ihren Glauben zu festigen“ (DASal 9,53). Darin liegt also der Grund, warum Jesus das tut: Er möchte dadurch nicht nur den Glauben der Apostel damals, sondern unser aller Glauben hier und heute stärken.

Und was ist, wenn wir das alles gar nicht wollen? Oder noch schlimmer, wenn uns diese ganze Botschaft des Auferstandenen gar nicht interessiert? Wenn die Realität eine ganz andere Sprache spricht als Freiheit, Friede, Versöhnung – Leben in Vollendung? Wenn uns das nur wie leere Worte vorkommt, weil wir sie nicht glauben können?

Auch dafür gibt uns das heutige Evangelium eine Antwort am Beispiel des Apostel Thomas. Jesus reagiert auf dessen Unglauben, auf dessen Zweifel, nicht mit Ablehnung, sondern mit Barmherzigkeit.

Jesus kommt noch einmal, er gibt also nicht auf und er geht auf den Unglauben und Zweifel Schritt für Schritt ein, ganz behutsam: Streck deine Finger aus – leg deine Hand in meine Seite – und dann sei nicht ungläubig, sondern gläubig.

Das Evangelium sagt nicht, wie lange dieses behutsame aufeinander zugehen gedauert hat. Bei manchen Menschen kann das sicher viele Jahre dauern, vielleicht sogar ein ganzes Leben lang. Und es ist nicht gesagt, ob es irgendwann auch funktioniert … aber Jesus ist da, er breitet seine Arme aus und will sich berühren lassen, an seinen Händen, an seinem Herzen.

Thomas schafft das und ist überwältigt: „Mein Herr und mein Gott“. Mehr Worte bringt er nicht heraus, aber diese wenigen Worte genügen vollkommen. Es ist nicht das große Glaubensbekenntnis der Christinnen und Christen nach den Konzilien von Konstantinopel und Nicea, und es ist auch nicht das apostolische Glaubensbekenntnis, das wir Sonntag für Sonntag, und manchmal auch am offenen Grab auf einem Friedhof beten, es ist sein ganz persönliches Glaubensbekenntnis. Fünf Worte, die sein Leben ändern: „Mein Herr und mein Gott“.

Glücklich sind die, die sich mit dem Glauben an Jesus und seine Auferstehung leichter tun. Die nicht sehen, und doch glauben. Aber die anderen, die sich schwer damit tun, die bekommen auch immer wieder ihre Chance. Und so schenkt uns der heilige Franz von Sales ein sehr schönes Ostergebet mit folgenden Worten:

„Gütiger Jesus, gib, dass wir den Frieden annehmen, den du bringst, und lass uns deine Wunden sehen […] Gib, dass wir anstelle des Glaubens das Schauen, anstelle der Hoffnung den Besitz und anstelle der unvollkommenen Liebe die vollkommene Liebe besitzen, deren wir uns in alle Ewigkeit erfreuen werden“ (DASal 9,55). Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS