Dem Reich Gottes ein salesianisches Gesicht geben

Franz von Sales Fest in Lichtenberg bei Linz/Donau

Am Sonntag, 21. Jänner 2018, wurde in der Franz von Sales-Kirche des Seelsorgezentrums Lichtenberg, eine Teilgemeinde der Linzer Pfarrgemeinde Pöstlingberg, das Fest des heiligen Franz von Sales gefeiert.

Hauptzelebrant und Festprediger war Pater Thomas Vanek OSFS, der Provinzial der Deutschsprachigen Provinz der Sales-Oblaten, die seit 1960 in der Pfarrgemeinde Pöstlingberg tätig sind.

Hier ist die Predigt des Provinzials zum Nachlesen:

Predigt von Provinzial P. Mag. Thomas Vanek OSFS

Schriftstellen (Jon 3, 1-5.10; Mk 1, 14-20)

 

Ich bin beeindruckt, wie kurz und bündig Jesus das Programm seines öffentlichen Auftretens formuliert! Das ist wie für ein Werbeplakat für eine politische Wahl formuliert. Kein Wort zu viel und keines zu wenig. So muss es sein. Es muss sich jeder auskennen, wenn er das liest. Man muss sofort wissen, worum es geht, für welches Denken jemand steht. Und einen guten Werbeslogan erkennt man daran, dass ihn jeder Mensch auf der Straße kennt und sofort weiß, wofür er steht, für welche Partei oder welches Programm oder welches Produkt. Doch rufen wir uns Jesu Werbeslogan noch einmal ins Bewusstsein: Die Zeit ist erfüllt – das Reich Gottes ist nahe – kehrt um – und glaubt an das Evangelium. Kurz und bündig, klar und deutlich. An und für sich kennt man sich aus. Trotzdem vielleicht ein bisschen antiquiert! Schließlich schon 2000 Jahre alt! Vielleicht sollte man ihn ein bisschen in die heutige Denke übersetzen. Wir könnten das gemeinsam machen und als Übersetzer vielleicht den hl. Franz von Sales dazu einladen. Der ist zwar auch schon vor einiger Zeit geboren worden (450 Jahre waren es voriges Jahr), aber da Sie ihn als Kirchen- und Gemeindepatron gewählt haben, liegt es nahe, dass Sie mit ihm so verbunden sind, sodass Sie ein lebendiges Zeichen seines Geistes darstellen – also eine zeitgemäße Neuauflage seine Spiritualität sind. Und da wir Oblaten des hl. Franz von Sales das auch sein sollten, ist es am besten – wir widmen uns jetzt gemeinsam diesem Projekt, Jesu Programm auf dem Hintergrund salesianischer Spiritualität in die heutige Zeit hineinzuinterpretieren.

 

Die Zeit ist erfüllt. Ich will da ganz konkret werden. Wir haben vor ein paar Wochen hier erst groß gefeiert. Das Gemeindezentrum steht vollendet da, Sie genießen dieses Zentrum, diese Kirche, diesen Ort der Begegnung und des Zusammenseins. Es ist etwas fertig geworden, das eine lange Zeit der Entwicklung gebraucht hat (50 Jahre). Jetzt ist die Zeit erfüllt – wir haben im November hautnah erlebt, was es heißt, die Zeit ist erfüllt. Es ist etwas entstanden, das viel Mühe, aber auch Geld gekostet hat. Jetzt ist die Zeit erfüllt. Das Werk ist vollendet. Das ist ein wunderbarer Zustand – und gleichzeitig birgt er die Gefahr in sich, dass man stehen bleibt und sich selbst genügt. Franz von Sales war ein Bischof, ein Kirchenmann – und als solcher der kirchlichen Lehre besonders verpflichtet. Kirche steht ja für viele Leute für Tradition, Unerschütterlichkeit und auch Unveränderbarkeit. Warum sonst hätte Jesus das Fundament seiner Kirche einen Felsen – Petrus – genannt! Doch heute steht die Kirche auf dem Prüfstand. Immer wieder liest man in der Zeitung: Wann endlich beschäftigt sich die Kirche mit den Themen, die uns heute betreffen? Warum hinkt die Kirche den gesellschaftlichen Themen immer hinterher? Franz von Sales war bei all seiner Treue zur Kirche alles andere als ein „Nachhinker“. Für ihn war nicht „Früher“ wichtig, sondern das „Jetzt, das Hier und das Heute.“ Der konkrete Mensch, der ihm gegenüberstand, egal ob er ihn schätzte oder kritisierte, ob er ein Adeliger war oder ein Bettler, ein Katholik oder ein Protestant. Für ihn waren die Zeichen der Zeit das Maß für seinen Auftrag, für seine Politik und für seine Sendung (Mission) – und das zu jeder Zeit seines Lebens. Da gab es nicht das Zögern und Zaudern, sondern das Dasein und das Handeln. Deshalb war er ein Mensch, der den Menschen einfach guttat! Und dennoch: seine Worte waren klar, seine Kommunikation war eindeutig – nicht zweideutig –seine Predigt war ausgerichtet auf eine Hilfe zum alltäglichen Leben. Nicht das Ungewöhnliche suchen – nicht das Spektakuläre war in seinem Blick, sondern das Gewöhnliche ungewöhnlich gut tun – das war der Appell seiner Predigten, Briefe und Bücher.

 

Das Reich Gottes ist nahe. Genau das trifft es, wie Franz von Sales auf die Leute wirkte. Da, wo er war, da spürte man etwas von einem wohlwollenden, freundlichen, barmherzigen und liebenden Gott. Die Nähe von Gott zu den Menschen und von den Menschen zu Gott fördern – das wäre ein Markenzeichen für eine Gemeinde, die sich Franz von Sales als ihren Patron erwählt hat. Aber wie fördert man die Nähe zwischen Gott und Mensch? Ganz einfach: das haben Sie auf den Eingangsbereich dieses Gemeindezentrum als Quintessenz salesianischer Spiritualität in Glas eingraviert: „Lass mich in dein Herz, dann kannst du mich spüren, erfahren, lieben und erleben, dass ich dich liebe.“ „Wer das Herz des Menschen gewonnen hat, der hat den ganzen Menschen gewonnen.“ So sagt Franz von Sales. Wo (aber) zeigt sich Gott mehr als im menschlichen Herzen? Und wo spielt sich das Fühlen, Denken, Glauben, Verstehen, Vergeben und Lieben ab? – Doch nur im menschlichen Herzen!

 

Deshalb der nächste Appell Jesu: Kehrt um! Umkehr heißt nicht, alles, was war, zu verteufeln. Umkehr heißt, das Bewusstsein schärfen, den Blick zu schärfen, die Ohren zu spitzen und mit dem Herzen verstehen zu lernen. Umkehr ist also nicht hauptsächlich auf unsere Sünden fixiert, sondern viel mehr auf die positive Änderung unserer vielen negativen Gesinnungen. Franz von Sales hat das selbst durchgemacht in seiner schweren Krise als junger Mann. Er hat sich durchgerungen zu einem guten Denken über Gott, die Menschen und die Welt. Sein Optimismus kann uns heute in der Zeit der Fake News (Falschberichte) und der Angst vor der Zukunft ermutigen, jeden Tag ein Zeichen gegen die Verhetzung und die Schmutzkübelkampagnen zu setzen. Und wenn es nur das ist, dass man die Türe leiser schließt – wie Franz von Sales einmal jemanden riet.

 

Glaubt an das Evangelium – glaubt an die guten Nachrichten, glaubt daran, dass trotz dem es überall auf der Welt Kampf- und Brandherde gibt, dass Gott den Menschen gut geschaffen hat, und daher in jedem Menschen etwas Gutes ist, auch wenn es total verschüttet sein mag. Franz von Sales hätte sich nie auf eine Schmutzkübelkampagne eingelassen, wenn er auch genügend Grund dazu gehabt hätte. Die Calviner waren nämlich nicht zimperlich im Umgang mit dem kath. Bischof von Genf. Da waren Mordpläne durchaus auch dabei. Seine Botschaft aber war eine Frohe Botschaft – voll von Wärme, von Freundlichkeit, von Menschlichkeit aber auch klar und deutlich der Wahrheit zuliebe, niemals aber verletzend.

 

Wir leben heute in einer Zeit des Populismus. Politiker punkten weniger wegen ihres Programmes, viel mehr wegen ihrer medialen Wirkung. Man schaut auf die Gesichter der Menschen mehr als auf den Inhalt ihrer Worte. Wir wissen nicht, wie die ersten Jünger, die sich Jesus berufen hat, medial gewirkt hätten. Das war damals wahrscheinlich auch nicht so wirksam. Aber Petrus, Andreas, Jakobus und Johannes hatten das Programm Jesu mit seinen vier Punkten offensichtlich im Vorübergehen Jesu an ihnen sofort kapiert. Und deshalb sind sie auch sofort aufgestanden, ließen alles liegen und folgten Jesus nach. Ich wünsche Ihnen, liebe Gemeinde von Lichtenberg, dass Sie dieses Sofort nie aus dem Blick verlieren, um mit Hilfe Ihres Kirchenpatrons Franz von Sales diesen vier Punkten Jesu täglich ein salesianisches Gesicht geben – sie ins Bewusstsein rufen und leben. Amen