Die Stadt Padua ist ein beliebtes Reiseziel für all jene, die das Grab des heiligen Antonius in der Basilika Santo Antonio besuchen wollen. In Padua findet man auch die berühmten Fresken Giottos oder das Grab des Evangelisten Lukas in der Kirche Santa Giustina. Italienische Renaissance und venezianisches Flair bieten die zahlreichen Palazzos und Piazzas.

Franz von Sales und Padua

Padua spielt aber auch im Leben des heiligen Franz von Sales eine wichtige Rolle. Dort lebte er fast vier Jahre, von 1588 bis 1592, um an der berühmten Universität von Padua, eine der ältesten Universitäten Europas, Rechtswissenschaften zu studieren.

Einige für ihn prägende Ereignisse fanden in Padua statt:

  • Geistliche Begleitung: Franz von Sales entdeckte die wichtige Bedeutung des geistlichen Begleiters für das persönliche Glaubensleben. Er fand einen solchen Begleiter im Jesuiten Antonio Possevino SJ (1534-1611).
  • Lebensregel von Padua: Zusammen mit Possevino verfasste Franz von Sales seine „Lebensregel von Padua“. Darin beschreibt er, wie er sein Leben gestalten will, um in der christlichen Vollkommenheit voranzukommen. Zwanzig Jahre später wird er durch sein Buch „Anleitung zum frommen Leben (Philothea)“ eine Lebensregel für alle schreiben, die ein christliches Leben führen wollen, und in ganz Europa Berühmtheit erlangen.
  • Priesterberufung: Durch die geistliche Begleitung erkannte Franz von Sales auch, dass er von Gott dazu berufen ist, Priester zu werden, obwohl sein Vater damals wollte, dass er als ältester Sohn der Familie den Beruf des Juristen oder Senators ergreift. Die Methode der Jesuiten von der „Unterscheidung der Geister“, um den Willen Gottes zu erkennen, verhalf ihm zu dieser Erkenntnis.

Die Universität von Padua

Eine Führung durch die alte Universität, den „Palazzo del Bo“, zeigt, in welcher Atmosphäre Franz von Sales studierte. Dort lernte er den Humanismus des 16. Jahrhunderts in seiner Blüte kennen und die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse im Bereich der Naturwissenschaften und der Medizin. Galileo Galilei (1564-1641) lehrte in Padua von 1592 bis 1610. Die herausragenden Erneuerungen in der Medizin, vor allem der Anatomie, veranlassten Franz von Sales dazu, seinen Körper im Falle seines Todes der Medizin zur Verfügung zu stellen. Er wollte damit verhindern, dass die Medizinstudenten in Versuchung geführt werden, seinen Leichnam für Studienzwecke zu stehlen, was damals immer wieder geschah.

Dass Franz von Sales heute zu einem der bedeutendsten Gestalten des christlichen Humanismus gezählt wird, verdankt er seinen Erfahrungen in der Universitätsstadt Padua. Als Bischof wird er in seiner Diözese Annecy 1607 die Académie florimontane gründen, eine Art Erwachsenenbildungswerk, in dem über die neuesten natur- und geisteswissenschaftlichen Erkenntnisse und deren Bedeutung für den christlichen Glauben diskutiert wurde.

Ende des Jahres 1591 schloss Franz von Sales sein Studium erfolgreich mit der Promotion zum Doktor beider Rechte, des kirchlichen und weltlichen Rechtes, ab. Bei seiner Rückkehr nach Savoyen hatte er jedoch weit mehr im Gepäck als das Doktordiplom: die Klarheit, zum Priester berufen zu sein, und eine umfassende humanistische Bildung.

Im Empfangssaal des Rektorates der Universität von Padua sind an einer Wand all jene Studenten Paduas abgebildet, die später heilig- oder seliggesprochen wurden, unter ihnen befindet sich auch der heilige Franz von Sales.

Die Schwestern des heiligen Franz von Sales

Den Geist des heiligen Franz von Sales hält in Padua auch eine salesianische Schwesterngemeinschaft lebendig: die Schwestern des heiligen Franz von Sales (Suore di San Francesco di Sales – Salesie: http://www.salesie.it). Diese Ordensgemeinschaft wurde 1740 vom italienischen Priester Domenico Leonati (1703-1793) gegründet und widmet sich vor allem der Mädchenerziehung. Für die Ordensregel und die Spiritualität orientiert man sich an den Schriften des heiligen Franz von Sales. In der Kapelle des Mutterhauses findet man daher auch die Gemälde der salesianischen Heiligen Franz von Sales, Johanna Franziska von Chantal und Margareta Maria Alacoque. Die Schwestern widmen sich noch heute vorwiegend der Kindererziehung in Kindergärten und Grundschulen. Die etwa 500 Schwestern sind neben Italien auch in Angola, Argentinien und Ecuador tätig. Ihr Mutterhaus befindet sich in Padua. Dort ist auch die selige Schwester Liduina Menguzzi (1901-1941) begraben.

Treviso: Das Herz des heiligen Franz von Sales

Etwa sechzig Kilometer östlich von Padua liegt Treviso. In dieser Stadt befindet sich auch ein Kloster der von Franz von Sales und Johanna Franziska von Chantal gegründeten Ordensgemeinschaft der Schwestern der Heimsuchung Mariens. Das Besondere an diesem Kloster ist, dass es das seit vierhundert Jahren unverweste Herz des heiligen Franz von Sales aufbewahrt.

Franz von Sales starb 1622 in einem Heimsuchungskloster in Lyon, Frankreich. Nach dem Tod wurde dem Leichnam das Herz entnommen. Die Schwestern des Klosters bewahrten es bis zur französischen Revolution (1789) in Lyon auf. Während der französischen Revolution musste die Gemeinschaft ihr Kloster verlassen. Sie flohen zusammen mit dem Herzen des heiligen Franz von Sales über Mantua, Böhmen, Wien nach Venedig, wo sie bis Ende des 19. Jahrhunderts lebten. Dann mussten sie ihr Kloster erneut verlassen und nach Treviso, etwa 40 Kilometer nördlich von Venedig, umziehen. Seither leben die Schwestern in Treviso. Das unverweste Herz ihres Ordensgründers befindet sich in einem Seitenaltar der Klosterkirche. Eine pathologische Untersuchung Ende des 20. Jahrhunderts ergab, dass der Zustand des Herzens mit einem Verstorbenen vergleichbar ist, der etwa seit zehn Tagen verstorben ist, und das, obwohl das Herz über die Jahrhunderte nie luftdicht aufbewahrt wurde.

Herbert Winklehner OSFS