Predigt zum „Salesianischen Tag“ im Heiligen Jahr 2025

Hoffnung: Blühe, wo du gepflanzt bist

Zuerst möchte ich mich bei den Heimsuchungsschwestern hier in Wien für ihre Gastfreundschaft bedanken und bei den Oblatinnen des hl. Franz von Sales, die diese Initiative ergriffen haben, um in diesem Heiligen Jahr einen Tag gemeinsam im Geiste Jesu, im Geiste der Hoffnung und im Geiste unserer salesianischen Lehre zu verbringen.

Wir Oblaten des hl. Franz von Sales denken in diesem Jahr vor allem auch an die päpstliche, also offizielle Anerkennung unserer Gründung vor 150 Jahren, und in Dankbarkeit erinnern wir uns an die Heimsuchungsschwester Marie de Sales Chappuis, die einen wesentlichen Anteil an unserer Gründung hatte und vor 150 Jahren verstorben ist.

Wir wurden gegründet, um zu blühen, um Menschen der Hoffnung zu sein. Papst Franziskus hat das Heilige Jahr 2025 im Rollstuhl eröffnet und uns damit zu verstehen gegeben: Egal, wie es deinem Körper geht, egal, wo du lebst, egal, welcher Arbeit du nachgehst, in welcher Gemeinschaft du lebst, wie alt oder wie jung du bist: Blühe! Dazu sind wir berufen: die Heimsuchungsschwestern seit mehr als 400 Jahren, die Oblatinnen und die Oblaten, die Don Bosco Schwestern, Patres und Brüder seit ungefähr 150, 160 Jahren.

Zum Blühen sind wir berufen, weil wir gläubige Menschen sind und wissen, dass nach jedem Karfreitag ein Ostern folgt, dass Gott lebt, dass Gott gegenwärtig ist. Ohne diesen Glauben gäbe es unsere Hoffnung nicht, und Vieles von unserer Geschichte und in der Gegenwart würde dunkel und traurig bleiben.

So hoffen wir alle, dass unser Leben kein bloßer Zufall ist,
dass wir alle gewollt sind und eine Bestimmung haben,
dass wir fehlen würden, wenn es uns nicht geben würde,
dass jede Gewissensentscheidung eine Bedeutung hat und,
dass das kleine Rinnsal unseres Lebens einmal in den großen Ozean des Himmels münden wird.
Das ist unsere Hoffnung, wie wir sie praktisch empfinden und leben. Deshalb blüht. Freut Euch. Seid positive Menschen.

Ich habe mir vor gut einem Monat als mein WhatsApp Profil ein Zitat von Immanuel Kant hochgeladen. Das heißt so: „Drei Dinge helfen, die Mühseligkeit des Lebens zu tragen: die Hoffnung, der Schlaf und das Lachen.“

Bleiben wir kurz bei der Mühseligkeit. Ist das Leben mühselig, schwierig, hart, … für Sie? Ich habe viele von Ihnen heute noch nicht gefragt, aber wahrscheinlich wurden Sie schon von anderen gefragt: „Wie geht es Ihnen? Geht es Ihnen gut?“ Was war Ihre Antwort? Wenn ich auf die gleiche Frage eines wichtigen Freundes geantwortet habe, dass es mir gut, sogar sehr gut gehe, meinte dieser immer: „Das ist schlecht, richtig schlecht! Denn, wenn es dir gut geht, möchtest du, dass alles so bleibt, wie es ist! Aber Leben ist Veränderung, Wachstum, Wandel, Erneuerung!“ – Recht hat er.

Vor Kurzem habe ich gelesen, dass die Ängste der Menschen weltweit die gleichen geworden sind: die Angst vor Krieg, vor einer Klimakatastrophe, die Angst vor dem Zusammenbruch der Wirtschaft und vor Inflation, Angst vor Migration, vor Terror und vor Antisemitismus, … Interessant ist, dass auf die Frage, ob es der Welt in 15 Jahren besser oder schlechter gehen wird als heute, sich fast 90% der Europäer eher pessimistisch äußern und meinen, dass es ihren Kindern schlechter gehen wird, während in Afrika eine große Mehrheit glaubt, dass es ihnen einmal besser gehen wird. Sie sind voller Hoffnung und sehen der Zukunft nicht mit Angst entgegen. Sie blühen.

Wenn es einem gut geht, wenn man reich ist, ist es schwerer ein Mensch der Hoffnung zu sein. Worauf soll man auch hoffen? Es kann nicht besser werden, sondern eher schlechter. Und dann hält die Angst Einzug. Dass man alles verlieren könnte. Angst vor der Zukunft. Angst vor Armut. Angst vor Krankheit.

Ich bete, dass zumindest wir Ordensleute, inmitten des Reichtums, Menschen der Hoffnung geblieben sind. Denn unsere salesianische Hoffnung hat allein mit unserem Glauben an Gott zu tun, der unverändert anwesend ist. Diese Hoffnung ist nicht Optimismus oder Wunschdenken, sondern tiefes Vertrauen in die göttliche Vorsehung. Wir nehmen alles hin, weil es von Gott kommt. Wir blühen.

Hoffnung ist für uns kein Gefühl. Es ist eine Entscheidung. Sie ist eine Kopfsache. Sie hat zu tun mit unserem Willen. Und es ist eine große Entscheidung, die man trifft, wenn man sagt: Ich hoffe.

Man lässt sich nicht unterkriegen. Durch nichts. Gerade dann, wenn scheinbar alles auseinanderbricht, wenn die Verzweiflung einfacher zu haben wäre, gerade dann die zwei Wörter zu sagen: Ich hoffe! Ich blühe weiter.

Wenn Krieg herrscht, sagen wir: Wir hoffen auf Frieden.
Wenn wir zerstritten sind, sagen wir: Wir hoffen auf Vergebung.
Wo gesagt wird: „Was tot ist, ist tot“, da widersprechen wir und sagen: Wir hoffen auf ein Leben bei Gott.
Und wenn wir fragen, was wird aus unseren Gemeinschaften, da wir keinen Nachwuchs haben, sagen wir: Gott wird uns führen und uns den Weg zeigen.
Für uns ist und bleibt die Welt eine Welt der Blüten. Blühen. Hoffen. Die Hoffnung treibt uns an, auf der Suche nach dem Neuen, nach dem Besseren zu bleiben. Auch die Hoffnung, Gott näher zu kommen, ihm zu begegnen, ihn zu erfahren und ihn irgendwann zu besitzen. Blühe.

Wir können die Weltgeschichte nicht ändern. Aber wir können sie anders sehen, wir können anders auf die Vergangenheit, auf die Gegenwart und die Zukunft blicken. Wer von der österlichen und salesianischen Spiritualität geprägt ist, wird nicht resignieren, wird sich nicht lähmen lassen, wird sich nicht voller Angst zurückziehen. Sondern wird blühen.

Aber so ein Lebensstil muss geübt werden, von Gott erbeten werden. Wir müssen uns auch gegenseitig erinnern und uns jeden Tag dafür neu entscheiden, weil wir so viel Gegenteiliges hören und sehen, und in uns deshalb immer wieder die Zweifel hochkommen und wir zu fragen beginne:
Lohnt es sich wirklich?
Was macht mein Beitrag schon für einen Unterschied?
Was kann ich schon tun angesichts der Bedrohung dieser Welt?
Machen die da oben nicht einfach, was sie wollen?
Bis hin zu der Frage, welchen Sinn soll es denn noch haben, in aller Stille für den Frieden zu beten?

Die Kleinigkeiten, die kleinen, salesianischen Schritte. Trotz Rückschläge und Enttäuschungen wieder aufstehen. Meine Hoffnung nicht sterben lassen. Immer wieder. Weil es Ostern gibt. Auferstehung. Das Reich Gottes, mitten unter uns. Blühe.

In dem auch das Kleine zählt. Diese Welt beginnt und endet nicht bei den Reichen und Mächtigen, sondern bei den Fröhlichen, den Friedlichen, bei jenen, die nicht aufhören zu hoffen und dadurch zu blühen.

P. Josef Költringer OSFS (10. Mai 2025, Heimsuchungskloster Wien)