Mein Lieblingszitat des heiligen Franz von Sales
„Bleiben wir in Frieden, damit immer Ruhe in unserem Herzen herrsche.“ (DASal 4,137)
Was bewegt mich im Ordensleben?
Der Aufbruch
Das Jahr 1990. Für meine Familie geschah in diesem Jahr ein wichtiges Ereignis.
In den 1980er Jahren flüchteten meine älteste Schwester und zwei meiner Brüder auf einem Fischerboot aus Vietnam. Sie kamen mit Hilfe des Not-Ärzte-Vereins „Cap Anamur“ nach Deutschland und ließen sich dort nieder. Nach etwa zehn Jahren ergab sich durch die so genannte Familienzusammenführung für den Rest der Familie die Möglichkeit nach Deutschland einzureisen. Unsere Familie mit dreizehn Kindern war nun wieder komplett. In diesem Jahr begegnete ich als damals Achtjähriger meinen drei ältesten Geschwistern zum ersten Mal.
Am Abend vor der Abreise trafen wir noch unsere Großmutter. Sie sprach uns Mut zu, das Beste aus unserem Leben zu machen. „Ihr werdet in Deutschland die Möglichkeit haben, eine gute Bildung zu erhalten. Nutzt die Chance!“ Nebenbei äußerte sie ihren Wunsch, dass einige von uns Kindern einen geistlichen Weg einschlagen mögen. Diesen großmütterlichen Traum hatte ich als den Ruf Gottes an mich gedeutet und beschloss insgeheim, diesem Wunsch nachzugehen und ihn zu verwirklichen. Nicht wissend, was es heißt Priester und Ordensmann zu sein.
Die kleinen Schritte
Die ersten Jahre in Deutschland waren wohl nicht ganz einfach. Obwohl ich mich angestrengt habe, die neue Sprache zu erlernen, um mich möglichst schnell in der neuen Heimat zurecht zu finden, zeigten sich zumindest bei den schriftlichen Schularbeiten keine Fortschritte. Jedes Mal, wenn die Klasse die korrigierte Arbeit zurückbekam, sank bei mir der Mut. Denn während sich die anderen über eine gute Note freuten, konnte meine Arbeit offenbar gar nicht bewertet werden; sie war nicht einmal eine 5 oder gar eine 6 wert. So ging es ein paar Jahre lang. Über einen priesterlichen Freund meiner Eltern bekam ich zufällig mit, dass in Deutschland ein Priester, um geweiht zu werden, das Abitur absolviert und studiert haben musste. Ich beschloss, den Kopf nicht hängen zu lassen und für den Traum meiner Oma zu kämpfen.
Mit dem Wechsel auf die Hauptschule stieg meine Hoffnung, dass alles besser wird. Ich kann mich noch an jene Deutscharbeit erinnern, die ich benotet in den Händen hielt. Es war nicht die beste, aber offensichtlich hatten sich meine Mühen ausgezahlt. Gegen Ende meiner Hauptschullaufbahn empfiehlt mir die Klassenlehrerin, den Weg zum Abitur einzuschlagen. Es gab viele Möglichkeiten, zwischen denen ich wählen konnte; ein schönes Gefühl.
Sag niemals NEIN
In diesen Jahren verließ eine ältere Schwester von mir die Familie, um ins Kloster zu gehen. Zu ihrer Ersten Profess bekam ich eine Diskussion zwischen meinen Eltern und dem priesterlichen Freund der Familie mit, die mich endgültig entscheiden ließ. Sie sprachen über die Spätberufenenschule St. Josef in Fockenfeld, einer von den Oblaten des hl. Franz von Sales geleiteten Schule mit Internat, wo man das Abitur absolvieren kann. Ich hatte nur zufällig und im Vorbeigehen über diese Schule in der Oberpfalz gelesen, gehört. Doch innerlich sagte mir eine Stimme, dass dort mein Platz sei. Nach dem erfolgreichen Abschluss der Fachoberschulreife meldete ich mich persönlich an der Spätberufenenschule an.
Mein Traum, einem geistlichen Beruf nachzugehen, wurde langsam Wirklichkeit. Es gab für mich zwei Optionen: entweder als Missionar in den ärmsten Ländern der Welt oder in einem klausurierten strengen Kloster zu leben. Die Oblaten des hl. Franz von Sales entsprachen damals überhaupt nicht meinen Vorstellungen. Bis zu dem Tag, als ich aus Langeweile eine Biographie über den heiligen Franz von Sales las, war diese Ordensgemeinschaft für mich keine Option.
Doch das Leben dieses Heiligen, der für seine Alltagsspiritualität und seine Lehre von der Liebe Gottes bekannt ist, hat mich emotional gepackt. Ich entdeckte Parallelen zu seinem Leben und verstand, was es heißt, „Blühe, wo Gott dich hingepflanzt hat!“ oder auch „Das Gewöhnliche außergewöhnlich gut tun!“. Es klingt alles sehr optimistisch. Und genau dieser Optimismus und diese Liebe ist das Ziel, das ich auf dem Weg meiner Berufung verfolgen möchte. Franz von Sales ist mir darin ein Vorbild geworden. So entschloss ich mich nach dem Abitur, Oblate des hl. Franz von Sales werden.
Oblate des hl. Franz von Sales sein
Oblate sein heißt heute für mich, die Liebe Gottes in jeder Situation der Gegenwart zu entdecken und zu leben, durch und mit Menschen, denen ich begegne, mit denen ich zusammenarbeite.
Es heißt auch, sich immer wieder in der Haltung der Dankbarkeit einzuüben: dankbar für die Talente, die Gott mir gegeben hat, für das Gute, das mir im Leben geschah, für die Familie, Mitbrüder und Freunde, für jene Momente, die aufatmen und uns erahnen lassen, dass Gott sich um den Menschen sorgt.
Gottes Ruf verlangt von uns ein ständiges Hinhören. Es verlangt von uns die Offenheit, auch „festgefahrene Wege“ noch einmal zu überdenken bzw. zu verlassen. Es verlangt den Mut, das Ziel trotz unebenen Pfaden nicht aus den Augen zu verlieren.
Franz von Sales schrieb einmal: „Du darfst auf keinen Fall deinen inneren Frieden verlieren, auch dann nicht, wenn die ganze Welt aus den Fugen zu geraten scheint.“ Dieser Optimismus ist der Begleiter auf meinem Lebensweg als Ordensmann, Seelsorger und als Religionslehrer; oder anders formuliert als MENSCH.