Der Bischofsring des heiligen Franz von Sales und seiner Geschichte

Der Bischofsring, den der heilige Franz von Sales bei seinem Tod am 28. 12. 1622 im Heimsuchungskloster von Lyon trug, galt viele Jahre lang als verschollen. Nun ist er wieder aufgetaucht. Die Geschichte seiner Odyssee ähnelt jener der Herzreliquie des heiligen Franz von Sales.

Von Lyon nach Wien

Die Schwestern der Heimsuchung von Lyon waren im Besitz des Herzens des heiligen Franz von Sales, sowie seines Hutes und seines Ringes, die er bei seinem Tod trug. Die Schwestern nahmen diese wertvollen Reliquien mit, als sie vor der französischen Revolution nach Italien fliehen mussten. Herz, Ring und Hut begleiteten die Schwestern bei ihrer weiteren Flucht nach Tschechien und Wien, Österreich. Dort, im Heimsuchungskloster von Wien, ließen sie zum Dank für die gastfreundliche Aufnahme sowohl den Hut als auch den Bischofsring des heiligen Franz von Sales zurück. Sie selbst zogen mit der Herzreliquie weiter nach Venedig und leben nun in Treviso, Italien.

Hochzeitsgeschenk für die Kaiserin?

Vor dem Ersten Weltkrieg (1914-1918) schenkten die Wiener Heimsuchungsschwestern den Bischofsring der Habsburger Erzherzogin und späteren Kaiserin Zita von Österreich (1892-1989) – wahrscheinlich anlässlich ihrer Hochzeit mit Erzherzog Karl von Österreich, die am 21. Oktober 1911 stattfand.

Nach dem Ersten Weltkrieg nahm Zita den Ring mit ins Exil in die Schweiz. Dort schenkte sie diesen Ring einem Schweizer Neupriester zu dessen Primiz. Dieser Priester kam Jahre später nach Wien. Der Bischofsring befand sich dann im Besitz eines Domkapitulars der Wiener Erzdiözese. Als dieser starb, wurde sein Nachlass veräußert. Der Ring kam in den Besitz des Wiener Juweliers Krauthammer. Dieser gab dem Ring eine neue Fassung. In dieser neuen Fassung wurde er von Frau Elisabeth Marnigg entweder 1978 oder 1979 gekauft. Als P. Hugo Pfundstein diesen Ring sah, erkannte er ihn als den Bischofsring des heiligen Franz von Sales wieder. So wusste Frau Marnigg, dass sie im Besitz einer wertvollen Reliquie war.

Im Besitz zweier Kardinäle

Nachdem 1995 die Missbrauchsvorwürfe gegen den Wiener Kardinal Hans Hermann Groër (1919-2003) öffentlich wurden, der Kardinal schwieg und schließlich als Erzbischof zurücktrat, schenkte Frau Marnigg 1998 dem Kardinal den Bischofsring des heiligen Franz von Sales. Kardinal Groër wiederum schenkte den Ring dem Kölner Kardinal Joachim Meisner.

Als Kardinal Groër 2003 starb hielt Kardinal Meisner das Requiem. Bei diesem Requiem brachte er den Ring des heiligen Franz von Sales wieder zurück. Bei seiner Predigt erzählte er auch, wie er zu diesem Ring kam, wobei jedoch aus dem Geschenk der Frau Marnigg fälschlicherweise ein Geschenk der Salesianerinnen, also der Heimsuchungsschwestern von Wien wurde. Offenbar hat Kardinal Groër ihm gegenüber erwähnt, dass dieser Ring einmal in der Heimsuchung am Rennweg von Wien gewesen ist.

Wörtlich sagte Kardnal Meisner: „In den Tagen, als die dunkle Wolke über seinem Leben aufzog und er in Verlassenheit und Verachtung zurücksank, kamen die Salesianerinnen vom Rennweg in Wien und brachten ihm als Zeichen ihres ungebrochenen Vertrauens den Bischofsring des heiligen Franz von Sales [in Wirklichkeit war es Frau Marnigg]. Ich weiß, wie sehr ihn dieses Zeichen der Sympathia, der Compassion, des Mitleidens gestärkt, getröstet und bewegt hat. Monate später überreichte er mir den Ring des heiligen Bischofs als Dank für mein Weggeleit unter der dunklen Wolke. Ich war tief beschämt und betroffen darüber, weil ich gar nicht den Eindruck hatte, ihn intensiv genug begleitet zu haben. Heute bringe ich diesen Ring dem verstorbenen Kardinal zurück, als Dank für seine Treue unter dem Kreuz des Herrn. Dieser Ring soll von nun an unserer lieben Frau von Maria Roggendorf gehören. Es ist der Ring des heiligen Bischofs Franz von Sales und des heimgegangenen Kardinals Hans Hermann Groër.“

Sicher im Archiv

Heute wird der Bischofsring des heiligen Franz von Sales sicher im Archiv des Priorates der Benediktiner St. Josef in Maria Roggendorf, Niederösterreich, aufbewahrt. Franz von Sales selbst erwähnt den Bischofsring in seiner „Bischöflichen Lebensregel“, die er sich vor der Bischofsweihe gegeben hat. Dort steht auch, welche Bedeutung der Bischofsring für ihn hatte:

„Er [Bischof Franz von Sales] wird am Finger nur den Ring tragen, den man den Hirtenring nennt, den die Bischöfe tragen müssen als Zeichen der Verbindung, die sie eingegangen sind und die sie ihrer Kirche verpflichtet hält, nicht weniger streng als die Gatten ihren Ehefrauen“ (DASal 12,12).

Herbert Winklehner OSFS